Sonntag, 10. Juni 2007

Das unbekannte Gesicht

Humphrey Bogart ist Legende. Selten findet man diese spezielle Art von subtilem Charme, den Stil und die Klasse so konzentriert in einem anderen Schauspieler gebündelt wie es bei ihm der Fall ist. So war ich direkt erfreut, als ich mit „Das unbekannte Gesicht“ (1947), welcher auch unter dem deutschen Titel „Die Schwarze Natter“ läuft, mal wieder einen mir unbekannten Bogart- welche zweifelsohne noch zu Hauff existieren- im Spätprogramm entdeckte.

Vincent Parry (Humphrey Bogart), der vermeintliche Mörder seiner Frau, ist aus dem Gefängnis San Quentin entflohen. Sein Wunsch: den wahren Killer seiner besseren Hälfte zu entlarven und die eigene Unschuld zu beweisen. Unerwartete Schützenhilfe erhält er dabei von Irene Jansen (Lauren Bacall), die ihn auf die Spur der eiskalten Madge Rapf führt. Um jedoch als entflohener Sträfling nicht weiter aufzufallen, beschließt er zunächst, sich einer Gesichts- OP zu unterziehen, die ihm in seinem Umfeld wesentlich mehr Freiheiten zur Nachforschung einräumt.

Das Ausgangslage des unschuldig Verurteilten, der versucht, dem wirklichen Täter auf die Spur zu kommen, war bereits Mittelpunkt unzähliger Filme. Eine der früheren Umsetzungen dieser Thematik ist sicherlich Bogarts „Das unbekannte Gesicht“. Dieser wartet mit ein paar netten erzählerischen Tricks auf, die ihn zumindest auf diesem Gebiet deutlich aus der Masse herausstechen lassen. So bekommt der Zuschauer während des ersten Drittels das Gesicht von Protagonist Parry nicht zu sehen. Als „Entschädigung“ dafür wird mit einer gelungen umgesetzten subjektiven (POV) Kamera gearbeitet, die uns alles aus Parrys Augen beobachten lässt. Ein durchweg ansprechender Einfall, der zudem souverän in den Fortlauf der Geschichte eingebettet wurde.
Aber trotz der optischen Finesse kann der Film inhaltlich nicht konsequent seinen Weg gehen, sondern verlässt des Öfteren den sicheren Pfad, nur um über Stolpersteine zu fallen. So wirkt die Geschichte zwar interessant, aber bedauerlicherweise mit zu vielen Zufällen bzw. konstruierten Wendungen versehen, als das richtige Freude aufkommen könnte. In diesem Zusammenhang lässt sich über das zufällige Aufeinandertreffen- die Initialzündung sozusagen- von Bogart und Bacall, die einer Intuition folgend, dem Verurteilten zur Flucht verhilft, noch hinwegsehen, aber ein wildfremder Taxifahrer, der Parry erkennt, und ihm aus reiner Freundlichkeit einen guten Gesichtschirurgen empfiehlt, lässt da schon ein merkwürdiges Gefühl beim Zuschauer zurück.
Über das Spiel des Duos Bacall und Bogart- die nicht ohne Grund als Traumteam der damaligen Zeit gelten- braucht man nicht viele Worte zu verlieren. Es ist insgesamt vielleicht nicht ihre beste gemeinsame Performance, aber nichtsdestotrotz mehr als zufrieden stellend. Summa summarum gelingt es dem Film jedoch nur vergleichsweise magere 6,5 von 10 möglichen Pünktchen abzustauben. Mehr war angesichts der inhaltlichen Schwächen und einer etwas hinkenden Dynamik einfach nicht drin.



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