Donnerstag, 25. Oktober 2007

Luis Buñuel in der Berlinale Retrospektive 2008


Mit einem rasiermesserscharfen Schnitt durch ein Auge fängt alles an: Im Sommer 1929 hat Un chien andalou (Ein andalusischer Hund) in Paris Premiere. Publikum und Kritik sind begeistert vom Debüt des spanischen Regisseurs Luis Buñuel. Nach diesem Erfolg löst sein zweiter Film L’âge d’or (Das goldene Zeitalter, 1930) eine Welle der Empörung aus, Film und Regisseur werden als „antiklerikal“ verunglimpft, und der französische Staat verbietet L’âge d’or. Im Laufe seines künstlerischen Schaffens wird Luis Buñuel immer wieder mit staatlicher und kirchlicher Zensur zusammentreffen, besonders spektakulär bei seiner spanisch-mexikanischen Produktion Viridiana (Goldene Palme Cannes 1961), die aufgrund angeblicher Blasphemien den größten Filmskandal der Franco-Ära auslöst. Die Proteste seiner Gegner umgeben den Regisseur und seine Filme mit einer Aura des Verbotenen und Anrüchigen. Die Skandalgeschichten der Filme Luis Buñuels zeigen aber auch, wie stark religiöse, politische oder kulturelle Bewertungen von den Zeitumständen beeinflusst sind.


Die Retrospektive der 58. Internationalen Filmfestspiele Berlin ehrt den 1983 verstorbenen spanischen Regisseur Luis Buñuel mit einer umfassenden Werkschau seiner Filme. Hinzu kommen Arbeiten, bei denen er als Regie-Assistent, Drehbuchautor oder Produzent tätig war. Ergänzend zum Filmprogramm findet eine Veranstaltungsreihe mit Vorträgen und Diskussionen statt.


„Buñuel zu klassifizieren ist unmöglich. Seine Größe besteht im Beharren auf seiner individuellen Sicht der Dinge. Er erfand den filmischen Surrealismus, eckte mit sozialkritischen Werken an und erlangte Ruhm mit seinen sarkastischen Porträts der europäischen Bourgeoisie“, kommentiert der Leiter der Retrospektive, Dr. Rainer Rother, Künstlerischer Direktor der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen.


Nach seinem Karrierestart in Frankreich, lebt Buñuel in den folgenden Jahren in Spanien und USA und geht in den 40er Jahren nach Mexiko, wo er wie viele andere spanische Intellektuelle und Künstler eine neue Heimat findet. Mit rund 20 Filmen zählt seine mexikanische Schaffensperiode zur produktivsten. Los Olvidados (Die Vergessenen), ein Film über mexikanische Straßenkinder, ist 1951 Buñuels umjubeltes Comeback in Cannes, für das er den Regie-Preis erhält. In seinen mexikanischen Produktionen, z.B. Él (Er, 1952/53), Ensayo de un crimen (Das verbrecherische Leben des Archibaldo de la Cruz, 1955) und El ángel exterminador (Der Würgeengel, 1962), wird der ihm eigene Stil immer augenfälliger. Wirklichkeit, Traum und Einbildung stehen in seinen Filmen gleichwertig nebeneinander, durchsetzt von surrealen, buñuelesken Scherzen. Der Nimbus des Subversiven, Obskuren und Anti-Bourgeoisen umgibt auch sein Spätwerk, das er vornehmlich in Frankreich realisiert: von Belle de jour (Schöne des Tages, 1966/67) über Le charme discret de la bourgeoisie (Der diskrete Charme der Bourgeoisie, 1972) und Le fantôme de la liberté (Das Gespenst der Freiheit, 1974) bis zu seinem letzten Film Cet obscur objet du désir (Dieses obskure Objekt der Begierde, 1977).


Luis Buñuel hat mit Kinodiven wie Catherine Deneuve (Belle de jour und Tristana), Jeanne Moreau (Le journal d’une femme de chambre), Silvia Pinal (Viridiana, El ángel exterminador und Simón del desierto) und Simone Signoret (La mort en ce jardin/Pesthauch des Dschungels) u.v.m. zusammengearbeitet. Enge Arbeitsbeziehungen haben ihn auch mit Stars wie Fernando Rey und Michel Piccoli und ganz besonders mit dem französischen Drehbuchautoren Jean-Claude Carrière verbunden.


„Buñuel gehörte zur künstlerischen Avantgarde des 20. Jahrhundert und hat eine neue Bildsprache im Kino entwickelt, die heutige Filmemachergenerationen beeinflusst hat; deshalb ehren wir mit unserer Retrospektive das Werk dieses bedeutenden Regisseurs“, sagt Berlinale-Direktor Dieter Kosslick.


Die Filmvorführungen der Retrospektive finden im CinemaxX am Potsdamer Platz und im Zeughauskino statt. Das Buch zur Retrospektive mit Essays von Wolfgang Martin Hamdorf, Marion Löhndorf und Gerhard Midding und einem ausführlichen Datenteil, der sämtliche Regiearbeiten von Luis Buñuel mit zeitgenössischen Kritiken und filmografischen Angaben dokumentiert, erscheint im Berliner Bertz + Fischer Verlag. Die Retrospektive und die Publikation werden von der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen verantwortet.
Presseabteilung
25.10.2007


Quelle: Berlinale.de

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Nachdem mich die Retrospektiven der letzten beiden Jahre nicht übermäßig angesprochen haben, muss ich sagen, dass mir die Idee Buñuel die kommende Retrospektive zu widmen außerordentlich gefällt. Da werde ich wahrscheinlich nächsten Februar einiges an Geld an den Kinokassen der Berlinale lassen müssen...

1 Kommentar:

Frankies Filmecke hat gesagt…

Count me in. Mal schauen, welch Premieren laufen werden. Vielleicht werd ich dann wieder nächtens losziehen und Karten kaufen. :)