Nach Sichtung von Ryûhei Kitamuras (Versus) neustem Werk wird sich der eine oder andere Großstädter beim Betreten der lokalen U-Bahn sicherlich mehr als einmal besorgt über die Schulter blicken. Schuld daran ist die Verfilmung von Clive Barkers Kurzgeschichte Midnight Meat Train aus den Büchern des Blutes. In dieser verwandelt der hühnenhafter Metzger Mahogany die New Yorker Metro in ein Schlachthaus auf Rädern. Durch Zufall kommt ihm der aufstrebende Fotograf Leon auf die Spur. Auf der Jagd nach verwertbaren Aufnahmen für sein Debüt in einer angesehenen Galerie kreuzen sich die Wege der beiden zum ersten Mal. Fortan vergräbt sich Leon immer tiefer in Nachforschungen, bis sogar seine Freundin in Gefahr gerät.
Um Kitamuras Midnight Meat Train wurde im Vorfeld viel gerätselt. Nachdem 2007 ein US-Starttermin bekannt gegeben wurde, den Lionsgate alsbald wieder canceln lies, wusste keiner so recht, ob aus Midnight Meat Train noch etwas werden würde. Im Spätsommer 2008 bekam der Film schließlich doch noch eine Chance auf eine amerikanische Kinoauswertung und scheiterte kläglich. Sowohl der verschobene Starttermin als auch der Flop an den Kassen sprechen nicht unbedingt für die Qualität des Films. Könnte man meinen. Doch das schlechte Omen bewahrheitet sich nicht. Midnight Meat Train ist ein kleiner, gemeiner Streifen, der durchweg für gute Unterhaltung sorgt. Drehbuch-Autor Jeff Buhler hat Barkers Kurzgeschichte ohne größere Schwierigkeiten auf Spielfilmlänge aufgeblasen. Unnötige Längen bleiben dem Zuschauer erspart. Dafür bekommt er eine dichte, funktionierende Atmosphäre, die den Film von Anfang bis Ende trägt. Verstärkt wird der positive Eindruck zudem durch die unterkühlten Aufnahmen der New Yorker Metro. Dass Midnight Meat Train trotz seiner angenehmen Geradeheraus-Attitüde kein wirklich harter Schocker geworden ist, liegt zu einem Großteil an Kitamuras comichafter Inszenierung. Einige Szenen bewegen sich zwar hart an der Schmerzgrenze, werden jedoch durch allzu übertriebene Splattereinlagen und kreativ eingesetzte Stilmittel, wie einige ungewöhnliche Point-of-View-Einstellungen, wieder relativiert. Der Cast kann weitgehend überzeugen. Einziger Kritikpunkt ist Metzger Vinnie Jones. Seine imposante Statur scheint zwar maßgeschneidert für den Film, alles in allem wirkt er nichtsdestotrotz ein wenig ausdrucksschwach und farblos.
Midnight Meat Train ist ein Film, der nicht viel will, außer seinen Zuschauern 90 unterhaltsame Minuten zu bescheren. Das gelingt ihm sehr ordentlich. Ein Umstand, den Kitamuras Film schon mal 80% seiner heutigen Genrekollegen voraus hat. (8/10 Punkten)
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